Novomatic soll Verluste erstatten: Was bedeutet dieses Urteil?

In Österreich spielt jemand 10 Jahre lang an Spielautomaten von Novoline/Novomatic und verliert angeblich über 2 Millionen Euro. Dann kommt er auf die Idee Novomatic zu verklagen um eben genau diese Summe. Begründung: Er sei spielsüchtig gewesen und deswegen nicht geschäftsfähig.

Die Geschäftsfähigkeit erreicht man normalerweise im Alter von 18. Schließt man vorher Geschäfte ab ist man nur bedingt geschäftsfähig. Klaut sich also ein 16 Jähriger die Kreditkarte von Papa und spielt in einem online Casino kann man auf alle Fälle darauf plädieren dass der Junge nur bedingt geschäftsfähig war und die Geschäfte sind damit schwebend unwirksam – bis sich jemand beschwert sozusagen. Das wird der Vater machen wenn er seine Kreditkartenabrechnung anschaut. Hier reden wir von einem 16 Jährigen der einmalig „Mist baut“. Aber was ist mit jemandem der seit 10 Jahren Geschäfte abschließt die er eigentlich gar nicht abschließen können sollte? Ist Spielsucht wirklich ausschlaggebend für Geschäftsunfähigkeit? Schwieriges Thema und daher ist dieses Urteil auch so interessant.

Was natürlich ein anderes Thema ist – und hier besteht definitiv Handlungsbedarf: warum gibt es bei offline Spielautomaten keine vernünftige Möglichkeit Spielsüchtige fernzuhalten? Wenn ich ein online Casino besuche und ihnen sage, dass ich süchtig bin und sie bitte mein Konto sperren bekomme ich es nicht mehr geöffnet. Zumindest bei seriösen Casinos. Ich kann auch Limits einstellen und ordentliche Casinos warnen jemanden der impulsives Verhalten an den Tag legt, z.B. wenn er 20 Einzahlungen an einem Abend macht und seit 5 Stunden beschäftigt ist. Das sind bereits Anzeichen von Spielsucht und um den Spieler zu schützen sollten keine Einzahlungen mehr angenommen werden.

Offline sieht es schon wieder anders aus. Und ganz abgesehen von der miesen Auszahlung die das Geld noch schneller vernichtet als man es sich vorstellen kann, gibt es kaum Mechanismen die greifen. Gerade in einer Stadt wo sich Spielothek an Spielothek reiht.

Nun ist aber auch die Frage ob das nicht am Casino bzw. Spielothek liegt oder ob der Spielautomatenhersteller nicht auch schuldig ist. Immerhin kann ein Spielautomat sich nach einer gewissen Summe oder Zeit selbst sperren um den Spieler zu schützen. Er ist dann aber nicht verhindert einfach zum nächsten Automaten zu gehen. So etwas wie eine Identitätsprüfung gibt es hier noch nicht. Insofern kann man sich schon fragen was Novomatic bitte machen kann um Spielautomaten „sicherer“ vor Spielsüchtigen zu machen.

Das Urteil sagt jedenfalls, dass Novomatic die gesamten Verluste zurück bezahlen muss. Der Mann sei wegen der Spielsucht nicht geschäftsfähig gewesen. Diese hat er sich natürlich ärztlich attestieren lassen und es nicht einfach so behauptet. Klar, wer 2 Millionen Euro verlieren kann muss schon ein kleines Problem haben… Novomatic geht in Berufung aber das Urteil ist schon extrem. Man muss sich vorstellen was dann möglich ist: man findet einen Arzt der einem Spielsucht attestiert (wahrscheinlich ist das einfacher als man denkt wenn man die typischen Symptome „beherrscht“), spielt dann an Spielautomaten so lange man will. Gewinnt man behält man die Gewinne. Verliert man verklagt man den Automatenhersteller auf Schadenersatz. Klingt nach einer profitablen Sache.

Abgesehen davon denke ich, dass die Verantwortung immer beim Anbieter bzw. Veranstalter liegen muss. Nur der hat tatsächlich Einblick und kann das Verhalten seiner Spieler beobachten. Ein Automat ist in erster Linie eine Maschine die teilweise nicht einmal wissen kann ob immer noch der gleiche Spieler dort sitzt oder mittlerweile jemand anders. Insofern sind die Möglichkeiten einfach zu stark eingeschränkt. Dass der Spielerschutz gerade offline verbessert werden muss steht jedoch außer Frage. Ein Freifahrtschein für einen „Freeroll“ sollte das jedoch nicht sein und daher ist das Urteil zumindest in Frage zu stellen.

Unsere Wertung

0 Kommentare zu „Novomatic soll Verluste erstatten: Was bedeutet dieses Urteil?“

  1. Kann die Meinung, dass die Anbieter/ Veranstalter immer verantwortlich sein sollen überhaupt nicht nachvollziehen. Die Spielotheken (vertreten durch entsprechende Mitarbeiter) sind mMn nur dafür verantwortlich, dass nur volljährige Personen Zugang zu den Automaten haben. Alles darüber hinaus, z.B.: zu alkoholisiert und dadurch nicht mehr komplett zurechnungsfähig, oder die Möglichkeit, dass der Gast sich Sperren lassen kann (bin nicht sicher, ob das „nur“ in dem jeweiligen Bundesland oder deutschlandweit gilt) ist ein besonderes aufwändig und wahrscheinlich kostenintensiver Service. Gibt es etwas Vergleichbares beim Alkoholausschank? Wirte, die ihre Umsatzspitzenreiter nicht mehr reinlassen, auch nicht nüchtern…
    Erwachsene, volljährige Menschen sollten – nein, müssen für ihre Handlungen uneingeschränkt verantwortlich sein! Das ist in meinem Weltbild einer der großen Unterschiede zwischen Minderjährigen und Erwachsenen. Neben der Verantwortung gibt es (zumindest in Deutschland und in großen Teilen Europas) noch ein „großes Geschenk“ zum 18. Geburtstag: die Freiheit eigene Entscheidungen zu treffen – theoretisch, denn die Bevormundung durch „den Staat“ wird leider immer umfangreicher.

  2. Vielen Dank für deinen Kommentar, da bin ich zu 100% bei dir.
    Was ich aber denke ist, dass die Eigenverantwortung immer mehr abnimmt. Niemand will mehr so richtig Verantwortung für sich und sein Handeln übernehmen. Das fängt schon bei Politikern und in der Öffentlichkeit an. Niemand gesteht mehr ein Fehler zu begehen und stellt sich den Konsequenzen. Warum soll diese Tendenz in der Bevölkerung anders sein? Woran das liegt weiß ich nicht, aber es ist sicherlich keine positive Entwicklung.
    Das sieht man auch auf entsprechenden Casinoseiten die Bewertungen von Nutzern veröffentlichen. Da wird nur das Casino, die Software, die Lizenzgeber, der Staat oder wer auch immer verantwortlich für Verluste gemacht. Niemals sie selbst. Und erst recht nicht ihr super tolles Roulette System das natürlich funktionieren muss – normalerweise.
    Traurig aber Realität.

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